Schneckengesang

  

Performance mit

Verena Holscher & Reinhard Köhler

 

am 1. November 2024 um 18 Uhr

in der Petruskirche Neu-Ulm

 

Verena Holschers Butoh-Tanz schöpft aus dem ewig Ungeborenen und dem längst Gestorbenen.

Wir erleben einen existentiellen, zyklisch verlaufenden Prozess, der den Körper ins Zentrum der Gefühle stellt, die vom Verstand nicht begriffen werden wollen. 

Reinhard Köhlers Gongarbeit unterstützt diesen Ablauf, minimalistisch und ebenfalls auf existentielle Grundpfeiler bauend. Unsere Wahrnehmung wird geschärft und gleichzeitig wie durch Nebel und Milchglas ganz woandershin gerichtet.

Die Performance ist eine Uraufführung und wurde speziell für die visuelle und spirituelle Umgebung der Petruskirche konzipiert.

 

Fotos: Manuela Delhey und Guido Gerlach

 

 Stimmen von Zuschauer*innen:

"Eure grosse Präsenz hat mich ganz zu mir geführt."

"Ich hätte die archaischen Bilder am liebsten festgehalten, um sie ganz in mich aufzunehmen."

"Du warst eine, die eine Entwicklung durchlebt und einen Entwicklungsschritt hinter sich gebracht hat."

"Ich kam mit dem Kopf voller Dinge. Im Laufe der Performance ist immer mehr Raum in mir entstanden."

"Diese Reduktion, Stille und Langsamkeit hat auch in mir zu Entschleunigung geführt."

 

Mit herzlichem Dank an Jean-Pierre Barraud, Pfarrer der Petrus Kirche.

 

Foto: Helga Kölle Köhler

 

Nachklang

Die Begegnung des festen massiven Holzes des Altartisches schwingt in meinen Zellen.

Auch mein Herzschlag in der Hülle der roten Decke ist noch abrufbar.

Aus dem Ton des Tamtams gebiert sich Bewegung.

Die Festigkeit des Holzes bietet mir Widerstand, gegen den ich Kraft aufbauen und spüren kann.

Ein Tisch, der alle Arten von Opfer entgegennimmt.

Dessen Unverrückbarkeit Stabilität und Halt verspricht, klare Grenzen gibt.

Die Glattheit des polierten Holzes kommt meinem Körper entgegen und verführt ihn zum Schmelzen, Ausdehnen und Verdichten.

Die Höhe lässt mich zaudern, bringt eine Ungewissheit, ob da ein Boden kommt in der Tiefe, doch er kommt und trägt.

Die Kühle des Parketts empfängt mein erhitztes Gesicht.

Die Stufen laden zum Spiel ein, abwärts, aufwärts, zu Gewichtsverschiebungen über Kanten und Flächen.

Gesten, die entstehen und wieder vergehen.

Ein stilles Aufbäumen, ein zärtliches Aufbegehren, ein Ankommen im Schoss der Zugehörigkeit.

 

Viele Augen auf mich gerichtet, auf die, die sich im Raum ihrer Väter bewegt, ihr eigenes Gebet betend.

Behütet vom Geschenk, in diesen Raum eingeladen zu sein.

Die weite Erlaubnis breitet sich in mir aus, ein solches Gebet in den Raum zu stellen, in dem meine Väter und Vorväter gebetet, gezweifelt, gelitten, geliebt, gesegnet und gelebt haben, in dem sie wohl auch gehalten und geborgen waren.

Hinter all der lutheranischen Strenge unerreichbar scheinende Ressourcen sind plötzlich nah und da.

Die grosse Stille, die die mächtigen Stimmen des Tamtams füllen, öffnet den Raum für alle Zeiten.

Eine unerwartete Zurückbindung geschieht mir.